Lieferkettensägengesetz: Hätte, hätte Lieferkette
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Schon Hubertus Heil, der Vater des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), wollte "Berichtspflichten runterbringen". |
Robert Habeck möchte sie am liebsten mit der Kettensäge wegbolzen, sein Kabinettskollege Hubertus Heil sieht auch schon "Handlungsbedarf" und ist fest entschlossen, das plötzlich als "umstritten" (Handelsblatt) geltende Lieferkettengesetz jetzt aber mal richtig zu entbürokratisieren. Schon ist im bürokratischen Berlin die Rede von einem Lieferkettensägengesetz (LkSG), das benötigt werde, um die Folgen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) auf die schwächelnde Wirtschaft zu mildern.
Globaler Machtanspruch
Dass Hubertus Heil dazu bereit scheint, gilt als besonders wichtige Wortmeldung, denn der sozialdemokratische Arbeitsminister gilt als Vater des Wunsches von einer gesetzlichen Regelung in Deutschland, die weltweit "unternehmerische Sorgfaltspflichten in Lieferketten" auf eine Gesetzesgrundlage gestellt hat.
Lange hatte sich die frühere Kanzlerin Angela Merkel gegen die Idee des Sozialdemokraten gesträubt, mit neuen Berichtspflichten, Nachweisauflagen und menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten eine neue Bürokratieschicht über Industrie und Mittelstand zu stülpen. Doch Heil ließ nicht locker, er berief sich auf den "Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte der Bundesregierung" (NAP), dessen Umsetzung sich die damalige schwarz-rote Bundesregierung im Koalitionsvertrag selbst auferlegt hatte.
Berliner Kompromiss
Es kam auch in diesem Streitfall ein sogenannter Berliner Kompromiss heraus. Heil bekam sein Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Die Umsetzung aber wurde auf eine Zeit vertagt, von der Angela Merkel schon wusste, dass der kommende Ärger nicht mehr der ihre sein würde. In einem seltenen Fall von deutscher Vorbildwirkung zog EU-Europa nach: Die europäische Regelung setzte auf noch feiner ziselierte Vorschriften, mehr Berichte, umfangreiche Prüfanweisungen und ein enges globales Monitoring durch NGOs, die bei Verstößen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAWA) Klage führen können.
Ausbaden muss es nun die Ampel, Hubertus Heil mittendrin. Sei die EU die Mitgliedsstaaten vor 13 Jahren auf eine neue EU-Strategie für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR) eingeschworen hatte, um die weltweite Menschenrechtslage zu verbessern und die Globalisierung mit Blick auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung sozial zu gestalten, ist viel erreicht worden.
Viel Aufwand ohne Wirkung
Aber der Ärger in der Wirtschaft ist noch größer. Die vielen Vorschriften hätten "wenig Wirkung" schimpfen Kritiker. Die Opposition, die das LkSG als Regierungspartei mitbeschlossen hatte, schaffte es sogar, einem Gesetzentwurf "zur Aufhebung des Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten" (20/11752) eine symbolische erste Lesung im Bundestag zu verschaffen.
Das war im Sommer, die Ampel-Mehrheit ließ das Vorhaben durchfallen. Seitdem gingen nun allerdings weitere drei Wahlen verloren und Hubertus Heil sucht nach Ausrufung der neuen Wirtschaftsstrategie der SPD nach einem zugkräftigen Thema. An das zuvor glückliche verstorbene Klimageld, das er im Mai 2022 unabgesprochen eingefordert hatte, traute er sich wohl nicht schon wieder. Aber nach Habecks Kettensägen-Suada schien die Lieferkette für Ankündigungshandlungen freigegeben.
Enttäuschte Optimisten
Heil ist fest entschlossen, das liebevoll gestrickte eigene Gesetz abzuschwächen, es zu amputieren und es marktgängig zu machen, "Wir werden dafür sorgen, dass wir Berichtspflichten runterbringen", verspricht er mit Blick auf die Regelungen, die durchzubringen ihn selbst Jahre gekostet hat. Das große Wachstumspaket vom Frühjahr enttäuscht bisher auf ganzer Linie, der Industriestrompreis wartet weiterhin auf Einführung und die Hoffnung, grundloser Optimismus könne die Stimmung drehen, hat sich auch nicht erfüllt.
Zwar geht es nach Berechnungen von Robert Habeck bereits seit April aufwärts. Aber jetzt, wo die Wirtschaft das Tal der Tränen bestimmt bald verlassen wird, könnte ein Lieferkettensägengesetz wirklich den Turbo einschalten. Der "Wachstumsinitiative", die "neue wirtschaftliche Dynamik für Deutschland" (Bundesregierung) bringen sollte, würde ohne kleinliches Nachmessen, die Kontrolle von Zulieferunternehmen durch NGOs und die amtliche Aufsicht des BAWA nicht mehr Gefahr laufen, "kleingehandelt und kleingehackt" zu werden, wie Robert Habeck derzeit noch fürchtet.
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Come get MOONed!
Es ist so lustig bzw. eigentlich genau das Gegenteil, dass das Lieferkettengesetz so ein Streitthema in der Bevölkerung ist. Es geht darum, dass große Konzerne mit hunderten Beschäftigen dafür zu sorgen haben, dass nachweisbar ist, dass keine Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten bestehen - eigentlich für ein entwickeltes Land eine selbstverständlichkeit. Denn wer sind wir zu sagen, dass unser Wohlstand auf dem Rücken von Sklaven- und Kinderarbeit existieren soll - denn das tut er nachweislich zwangsläufig in den Industrienationen.
Klar muss immer mitbeachtet werden, dass Neuerungen in der Gesetzgebung nicht zu Lasten der Ärmsten und Schwächsten in unserer Gesellschaft gehen. Allerdings den millionen- und milliardenschweren Anteilseigner:innen einen Gefallen zu tun, indem man ihnen einen Freifahrtsschein für Sklavenarbeit im Ausland gibt, hört sich nicht nach dem humanistischen Staat an in dem ich leben möchte.